Stapelstadt des Wissens

Aufschwung der Medizinischen Fakultät

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erlebte die Jenaer Medizinische Fakultät einen enormen Aufschwung. Innerhalb eines Jahrzehnts verdoppelte sich die Zahl der Medizinstudenten auf über 200, etwa jeder vierte Jenaer Student war in der Medizin eingeschrieben. Die Fakultät entwickelte sich durch die Berufung zahlreicher namhafter Professoren zu einer der ersten Adressen in Deutschland. Dies trug entscheidend dazu bei, dass die Salana im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts zu einer der bestbesuchten deutschen Hochschulen avancierte. Johann Wolfgang von Goethe nannte Jena eine „Stapelstadt des Wissens“. Als Geheimer Rat und Minister in Weimar hatte er die Oberaufsicht auch über die Jenaer Universität. In dieser Zeit wurde die Ausbildung von Medizinern am Krankenbett eingeführt.

Justus Christian Loder (1753-1832)

Großen Anteil an dieser Entwicklung hatte Justus Christian Loder, der 1778
als Professor der Anatomie, Chirurgie und Geburtshilfe an die Salana berufen
worden war. Der gebürtige Rigaer hatte in Göttingen Medizin studiert. Noch im Jahr seiner Berufung gehörte er zu den Initiatoren des „Accouchierhauses“. Aber nicht nur als Geburtshelfer, auch als Anatom und Chirurg machte sich Loder, dessen Vorlesungen bis zu 160 Studenten besuchten, einen Namen. Während seiner 25-jährigen Jenaer Tätigkeit führte er zahlreiche Operationen und Sektionen durch und unterstützte Goethes Forschungen zum Zwischenkieferknochen beim Menschen. Außerdem baute er über die Jahre eine rund 4000 Präparate umfassende wertvolle anatomische Sammlung auf, die er jedoch mitnahm, als er 1803 Jena in Richtung Halle verließ.

Johann Christian Stark der Ältere (1753-1811)

Das Verhältnis Loders zu Johann Christian Stark, der 1779 außerordentlicher Professor wurde, war gespannt. Stark gründete 1781 ein eigenes Krankenhaus, aus dem das Herzoglich-klinische Institut hervorging. Stark war Leibarzt der Weimarer Großherzogin Anna Amalia, ihres Sohns Carl August, Goethes und Schillers. In seinem Klinischen Institut behandelte er jährlich bis zu 600 Patienten. Bei Stark nahmen die Studenten an den Sprechstunden teil und mussten Tagebuch führen, z. T. auch selbstständig Krankenbesuche machen. Er war der erste, der klinische Berichte aus seinen Anstalten veröffentlichte und ein gynäkologisch-geburtshilfliches Journal gründete. Große Verdienste erwarb er im Oktober 1806, als er zahlreiche Verwundete der Schlacht bei Jena und Auerstedt medizinisch versorgte.

Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836)

Christoph Wilhelm Hufeland wurde 1793 an die Medizinische Fakultät berufen und widmete sich vor allem der Inneren Medizin. Besonderes Interesse fanden seine Vorlesungen über Makrobiotik, die bis zu 500 Hörer besucht haben sollen. In Jena ist Hufelands Buch „Makrobiotik oder die Kunst, durch eine gesunde Lebensweise und Ernährung das Leben zu verlängern“ entstanden, das ihn nicht nur als Arzt, sondern auch als Erzieher des Volkes zu einer gesunden Lebensführung kennzeichnet. Wegen der herzoglichen Zusage einer eigenen Klinik lehnte er Rufe nach Kiel, Leipzig, Moskau und Pavia ab. 1801 verließ er Jena dennoch, weil er das versprochene „Clinicum“ doch nicht erhalten hatte. Er ging nach Berlin, wo er königlicher Leibarzt und Professor an der Charité wurde.